Schule bietet jungen Kriegsflüchtlingen Halt

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Von: Volker Heyn



Lehrerin Sandra Mauro unterrichtet am Burggymnasium Altena eine Sprachförderklasse ausschließlich mit ukrainischen Jugendlichen. Insgesamt 70 Kinder und Jugendliche, die aus ganz verschiedenen Ländern nach Deutschland gekommen sind, erhalten Deutschunterricht.
Lehrerin Sandra Mauro unterrichtet am Burggymnasium Altena eine Sprachförderklasse ausschließlich mit ukrainischen Jugendlichen. Insgesamt 70 Kinder und Jugendliche, die aus ganz verschiedenen Ländern nach Deutschland gekommen sind, erhalten Deutschunterricht. © Heyn

Gemeinsames Lernen an einem sicheren Ort wie dem Burggymnasium gibt rund 70 jugendlichen Geflüchteten und Einwanderern Halt und Zuversicht. In fünf Sprachförderklassen wird diesen Schülerinnen und Schülern nicht nur die deutsche Sprache beigebracht, sondern auch ein Gefühl von Geborgenheit in Gemeinschaft vermittelt. Vor allem die drei Klassen nur mit Jugendlichen aus der Ukraine erfahren gerade eine besondere Fürsorge ihrer Lehrkräfte. Die zuletzt nach Deutschland gekommenen ukrainischen Jungen und Mädchen mussten mitansehen, zu welchen Gräueltaten die russischen Besatzer fähig sind.

Altena – Die stellvertretende Schulleiterin Nadja Godefroit koordiniert die mittlerweile fünf Sprachförderklassen am Burggymnasium. So hat sie von Kindern gehört, dass sie Vergewaltigungen und Erschießungen mitansehen mussten. Einige sind regelrecht traumatisiert, bekommen Schreikrämpfe, wenn Erinnerungen an Kriegserlebnisse wach werden.

Von solchen schrecklichen Traumata ist nichts mitzubekommen an diesem Morgen in den Sprachförderklassen von Sandra Mauro und Lea Wolff. Deutsche Grammatik ist dran, das Perfekt wird gebildet. Die Mädchen und Jungen wirken wie ganz normale Teenager, nur irgendwie etwas schüchterner und zurückhaltender. Die 14-jährige Katerina ist sprachlich topfit, sie ist mit ihrer Familie aus Kiew nach Küntrop gekommen. Das Mädchen spricht bemerkenswert gut Deutsch, hat seit März 2022 zuerst in der Balver Realschule die Sprache gelernt. Jetzt ist sie in Altena am Gymnasium. Neben dem Sprachförderunterricht kann sie schon andere Fächer im Regelunterricht besuchen, so gut ist sie.

Der 15-jährige Andre stammt ebenfalls aus Kiew und lebt jetzt in Werdohl. Er ist im September nach Deutschland gekommen. Für ihn ist wichtig, schon viele Freunde in Altena am Gymnasium gefunden zu haben, er mag gerne Sport. In Kiew wurde er neben den klassischen Fächern aber auch in Kunst und Musik ausgebildet. Viele ukrainische Jugendliche malen und musizieren auf gutem Niveau. Auch Dascha, Arkadii, Mascha und Sofiia – sie leben allesamt in Altena – fühlen sich wohl in der Gemeinschaft am Altenaer Gymnasium.

Die ukrainischen Schülerinnen und Schüler sind begabt und fleißig, das BGA nimmt die Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 17 Jahren auf. Die drei ukrainischen Sprachförderklassen sind nach dem Alter der Kinder aufgeteilt. Die jüngeren Flüchtlinge besuchen die Sekundarschule am Standort Nachrodt.

Lea Wolff (links) leitet eine der drei Sprachförderklassen mit Mädchen und Jungen aus der Ukraine. Die Jugendlichen sind wissbegierig und fleißig.
Lea Wolff (links) leitet eine der drei Sprachförderklassen mit Mädchen und Jungen aus der Ukraine. Die Jugendlichen sind wissbegierig und fleißig. © Heyn

Neben den drei Ukraine-Klassen gibt es noch zwei weitere Sprachförderklassen mit Flüchtlingen, die nicht nur aus Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan und Eritrea stammen, sondern auch aus Polen, Ungarn, der Türkei oder Bulgarien nach Deutschland gekommen sind. Eltern verlassen diese Länder, weil sie mit den Lebensumständen dort nicht mehr zurecht kommen, mit der Politik im Land nicht einverstanden sind und im freien Deutschland für ihre Kinder eine bessere Zukunft haben wollen.

Diese Sprachförderung wurde 2015 zum ersten Mal am Burggymnasium organisiert, als viele Flüchtlinge aus Syrien nach Altena kamen. Das Selbstlernzentrum am BGA war rasch überfüllt, es mussten geregelte Sprachförderungsklassen gebildet werden, dazu Übergänge in den normalen Regelunterricht. Schulisches Personal musste erst nach und nach gefunden werden, das Fach Deutsch als Zweitsprache (Daz) ist für Lehrkräfte mittlerweile Standard. Vorher gab es das nicht, ebenso wenig wie passendes Unterrichtsmaterial. So entstanden zunächst zwei Klassen mit 60 Kindern.

Aus Syrien ans Gymnasium? Viele syrische Kinder stammten damals aus gebildeten Elternhäusern, die Flüchtlingskinder aus der Zeit seien dort in Privatschulen unterrichtet worden. Mittlerweile hätten einige von ihnen ihr Abitur am Burggymnasium abgelegt, berichtet Godefroit. Die Arbeit in den Sprachförderklassen ist von Anfang mit dem Kommunalen Integrationszentrum (KI) des Kreises organisiert worden. 

Mit Kriegsausbruch kamen ab Februar 2022 die ersten ukrainischen Flüchtlinge ans BGA. Godefroit erinnert sich, dass da schon Kinder mit Traumata ins Sauerland kamen. „Die wollten hier sofort ganz normalen Alltag. Die sind am Donnerstag gekommen und wollten am Montag zur Schule“, weiß Godefroit, dass Schule neben Bildung auch Sicherheit, Verlässlichkeit und Struktur vermittelt. Jetzt verfügt das BGA über ein ganzes Team von insgesamt zehn Lehrkräften, Betreuerinnen und Ehrenamtlern. Es gibt sogar den deutsch-ukrainischen Sozialarbeiter Sascha Pirinjak, der traumatisierte Kinder psychologisch betreuen kann. Olena Savchuck ist Deutschlehrerin aus der Ukraine, die Ukrainerin Kate Noskova unterrichtet Ukrainisch als Muttersprache. Die Stellen werden über das KI finanziert.

Zwölf Deutsch-Stunden pro Woche sind Pflicht, dazu kommen Teile im Regelunterricht. Englisch kann kaum jemand aus der Ukraine, auch Mathe auf Deutsch zu unterrichten ist schwierig. Aus der Klasse der Älteren wechseln allerdings die ersten in die Oberstufe und streben dem Abitur zu.

Auch für die Lehrkräfte sind die Jugendlichen aus anderen Kulturen und sozialen Hintergründen eine pädagogische Herausforderung. Dr. Julia Wilhelm, Lehrerin für Deutsch und Geschichte, erinnert sich an die Anfänge: „Ich hatte gar keine Erfahrung mit Analphabetismus. Die Kinder malten arabische Schriftzeichen von rechts nach links.“

Bild und Text: Volker Heyn (AK)
Quelle: https://www.come-on.de/lennetal/altena/schule-bietet-jungen-kriegsfluechtlingen-halt-92066800.html (Zugriff am 18.02.2023)

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