Bestenförderung: Warum es sich lohnt ein Schülerstudium auszuprobieren.

Madita Hartig wird von dem Talentscout unserer Schule, Herrn Ammareller, unterstützt und hat einen ganz individuellen Weg gefunden ihre Begabungen zu nutzen und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Welchen Gewinn sie aus dem Studium der Rechtswissenschaften zieht, schildert sie in dem nachfolgenden Text.

Wir wünschen Madita weiterhin viel Erfolg und Freude im Studium!

Godefroid

 

Hallo!

Ich bin Madita und gehe aktuell in die EF – und seit Beginn des Wintersemesters 2020/21 studiere ich  Jura per Schüler-Uni an der Ruhr-Uni-Bochum.

Das ganze natürlich nicht im vollen Umfang, sondern ich habe mich dieses Semester auf Strafrecht AT[1] beschränkt.

Das sah dann so aus, dass ich jeden Freitag für den Unterricht freigestellt wurde, und statt in der Schule zu sitzen (oder im Webex-Meeting) um 8 Uhr an einer Zoom-Vorlesung teilgenommen habe.

Obwohl ich natürlich wusste, dass die Art und Weise, wie eine Uni-Veranstaltung stattfindet, absolut nicht mit Unterricht vergleichbar ist, war ich doch etwas überrascht davon, dass in der Vorlesung einfach die Fakten erzählt wurden, ohne es irgendwie interaktiv zu erarbeiten. Wer es dann nicht verstanden hatte, musste auf die Weisheit eines Lehrbuches vertrauen, das nicht verstaubt in der Bibliothek liegt, sondern wegen Corona nur digital einsehbar ist.

Was mich auch überrascht hat, war die enorme Stoffmenge, mit der ich in diesen 3 Stunden „bombardiert“ wurde. Eine einzelne Vorlesung gleicht dem Stoff einer ganzen Klausur (abgesehen von den Abiturklausuren natürlich).

Dabei hat der Professor uns die abstrakten Meinungsstreite[2] aber immer an anschaulichen Beispielen erklärt, sodass ich ihm recht gut folgen konnte.

Da ich zusammen mit regulären Erstsemesterstudenten studiere, wurde uns Anfang Dezember auch eine Probeklausur angeboten, die ich mitgeschrieben habe. Das war für mich eine Mega-Erfahrung, weil es meine erste Klausur war, die für eine längere Zeit als 90 Minuten angesetzt war (150 min). Dadurch, dass es eben eine Probeklausur war, habe ich in dem Rahmen mein erstes richtiges Gutachten[3] geschrieben und vorher lediglich in Ausschnitten geübt.

Die Klausur sollten wir zuhause schreiben und war im Open-Books-Verfahren organisiert, so dass wir um 13:00 Uhr einen Sachverhalt über den Moodlekurs zur Verfügung gestellt bekommen haben, zudem wir ein Gutachten schreiben sollten. Dabei hatten wir theoretisch Zugang zu allen Vorlesungsunterlagen und Gesetzen, allerdings durften wir natürlich nichts wörtlich oder leicht verändert übernehmen, was auch von einer entsprechenden Software überprüft werden konnte. Anschließend haben wir die Klausur mit einer eidesstattlichen Versicherung[4] an die Uni zurückgeschickt, die von dort an die entsprechenden Korrektoren weitergeleitet wurde. Im Januar haben wir dann unsere korrigierten Klausuren mit Benotung zurückerhalten.

Insgesamt ist empirisch belegt, dass die 3 besten Noten 16 bis 18 (sehr gut) fast nie vergeben werden. Die Hälfte der Notenpunkte, also 9 (vollbefriedigend), wird dabei als eine Art magische Grenze angesehen, die von maximal 1,5 % der Studenten überhaupt mal überschritten wird.

Wenn ich anhand der letzten Monate abwägen müsste, ob sich das Schülerstudium für mich gelohnt hat, würde ich die Frage auf jeden Fall mit ja beantworten. Ich habe sehr viel gelernt, nicht nur inhaltlich, sondern zum Beispiel auch, dass man die Anmeldefristen zu Beginn des Semesters schon im Blick haben sollteJ, und auch viel zu Lernmethoden und der Disziplin bezüglich der eigenverantwortlichen Nachbereitung der Vorlesungen. Dass ich dadurch einen Schultag in der Woche verpasst habe, war auch kein großes Problem, weil ich an die entsprechende Nachbereitung schon aus dem ersten Lockdown aus 2020 gewöhnt war und ich die Situation absolut vergleichbar fand.

Insgesamt kann ich mich sehr freuen, von der Uni Bochum diese Möglichkeit bekommen zu haben und werde auch in den folgenden Semestern weitere Rechtsgebiete ausprobieren und mir vielleicht auch die ein oder andere Klausur auf mein späteres Studium anrechnen lassen.

Bild und Text: Madita Hartig, EF



[1] AT steht für „Allgemeiner Teil“ des Strafgesetzbuchs, also die Paragraphen 1 – 79b. Diese regeln strukturbedingte Grundlagen wie z.B. Was ist Rechtswidrigkeit? Wann ist man Täter und wann Teilnehmer? Ab wann ist man schuldunfähig? Danach gibt es noch einen BT für „Besonderer Teil“, indem dann die einzelnen Straftatbestände aufgelistet werden, also alle konkreten Handlungen, für die man in Deutschland bestraft werden kann, z.B. Mord, Körperverletzung, Unterlassene Hilfeleisteng etc.

[2] Das Gesetz beschreibt nur abstrakte Konstellationen, die die Realität natürlich nur vereinfacht darstellen können, das führt dazu, dass regelmäßig Komplikationen auftreten, in denen das Gesetz keine eindeutige Lösung vorgibt. Dann werden von Juristen unterschiedliche mögliche Lösungsansätze formuliert und diskutiert. Lösungsansätze nennt man auch Meinungen, die übergeordnete Diskussion dementsprechend Meinungsstreit.

[3] Unter Gutachten versteht man die Textform, die von einem Jurastudenten in jedem Rechtsgebiet verlangt wird. Es handelt sich dabei um eine Analyse des gegebenen Sachverhalts (z.B. A zielt mit einer Schusswaffe auf B, schießt aber daneben und trifft C tödlich), bei der die Fallfrage (Im Strafrecht i.d.R.: Wie haben sich die Beteiligten strafbar gemacht?) systematisch untersucht werden soll. Dabei arbeitet man im Gutachtenstil, das bedeutet, dass man die Analyse aspektorientiert strukturiert und immer in der Reihenfolge Indirekte Frage (Obersatz) – Definition (i.d.R. des Gesetzes) – Subsumtion (= „Vergleich“ mit dem Sachverhalt) – Ergebnis vorgeht.

[4] Die eidesstattliche Versicherung oder Versicherung an Eides statt war ein Formular, mit dessen Unterschrift wir bestätigt haben, nicht „gespickt“ zu haben, also uns keiner Quellen bedient haben, zu denen wir zum Klausurzeitpunkt keine Berechtigung hatten. Wenn von der Software auffällt, dass dagegen verstoßen wurde, kann die Uni mit einer falschen eidesstattlichen Versicherung gerichtlich dagegen vorgehen (natürlich nur bei der Semesterabschlussklausur, bei der Probeklausur diente die eidesstattliche Versicherung auch nur der Übung). Eine falsche Eidesstattliche Versicherung ist mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe strafbar.

 

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