60-er bis 80-er Jahre

„Ruf und das Ansehen der Schule wiederhergestellt ...“

Der Beginn der 60er Jahre war am Altenaer Gymnasium nicht nur wegen der vielfältigen Umbauten eine turbulente Zeit. Die sogenannte „Freese-Affäre“ führte zu Unstimmigkeiten und Auseinandersetzungen im Kollegium. Der Vorwurf an Kollegen, die politische Neutralität gegenüber den Schülern nicht gewahrt zu haben, erschütterte vor allen Dingen das Ansehen der Schule in der Bevölkerung. Der amtierende Schulleiter und mit ihm weitere Kollegen wurden an andere Schulen versetzt. Fünf junge Kollegen wurden neu zugewiesen. Die kommissarische Schulleitung übernahmen andere Kollegen, u.a. auch Dr. Rühling aus Lüdenscheid. Als schließlich ein endgültiger  Schulleiter für das Altenaer Jungengymnasium bestellt werden  sollte, hatte sich Dr. Rühling so viel Respekt und Vertrauen im Kollegium erworben, dass eine Abordnung des Kollegiums ihn bat, in Altena zu bleiben.

 

Abb. 22
OStD Dr. Rudolf Rühling

1962 – 1964 und

1964 – 1975 Schulleiter

 „Hätte früher in den Ruhestand treten können, wäre sich aber wie ein Deserteur vorgekommen, der sich vor seinen Pflichten drückt.“ (8)

 

Der Kultusminister ernannte ihn dann im Jahre 1964 zum Oberstudiendirektor und Schulleiter in Altena. Mit souveräner Sachkompetenz, Autorität, Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl war es Rühling gelungen, die bestehenden Differenzen im Kollegium abzubauen und den beschädigten Ruf der Schule umzukehren. 

Dr. Rühling sollte die Schule elf Jahre bis zum Ablauf des Schuljahres 1974/75 leiten, und „das Kollegium war dankbar, dass es so lange unter seiner bewährten Führung arbeiten konnte“ (8).

Als Dr. Rühling am 27.9.75 in einer würdigen  öffentlichen Feier in den Ruhestand verabschiedet wurde, hatten die Ausschachtungsarbeiten für den Erweiterungsbau zum „Burggymnasium“ begonnen. Wie sehr Dr. Rühling die Planung des Gebäudes „zu seinem Kind“ machte, erfuhren die Kollegen, wenn sie im Direktorzimmer monatelang kaum Platz fanden wegen der dort ausgebreiteten Bauzeichnungen. Zwei Jahre lang rang Dr. Rühling mit den Behörden um bautechnisch funktionale und für Schulzwecke besonders günstige Lösungen. Parallel dazu bemühte er sich um einvernehmliche Absprachen, die Zusammenführung der beiden Gymnasien betreffend. Dieses Thema bedurfte einer besonders sensiblen Behandlung, weil in beiden Kollegien „liebe Gewohnheiten“, Rechte und Pflichten neu geordnet werden mussten. Verhandelt wurde deswegen an einem „neutralen Ort“. Der Kollege Herward Krasemann, der lange Zeit und auch damals dem Lehrerrat angehörte, berichtete mir gegenüber im Gespräch, dass zum Beispiel in der Küche von Café Merz verhandelt wurde.

Dr. Rühling pflegte in seinem Lateinunterricht gelegentlich den Schülern gegenüber zu bemerken, dass ein Mensch, der „prudens“ ist, nicht zwingend auch „sapiens“ sein müsse.  Dagegen sei anzunehmen, dass ein Mensch der „sapiens“ ist,  wahrscheinlich auch „prudens“ sei. Nach allen vorliegenden Beschreibungen über das Wirken von Dr. Rudolf  Rühling ist anzunehmen, dass er selbst zur zweiten Sorte von Mensch gehörte. 

Vom Jungengymnasium zum koedukativen Schulzentrum.

Als im Schuljahr 1971/72 der Rat der Stadt Altena beschloss, das Mädchen- und Jungengymnasium zusammenzulegen, geschah das weniger unter dem Gesichtspunkt einer leistungsfähigen Sekundarstufe II als vielmehr aus der Notwendigkeit, für das Mädchengymnasium die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, und aus dem Bestreben, die Schulsituation in Altena zu vereinfachen. Zwischen beiden Gymnasien, die über ein Jahrhundert lang nebeneinander bestanden hatten, gab es zeitweise kaum dienstliche Kontakte, wenn man davon absieht, dass manchmal Lehrer an beiden Schulen unterrichten mussten. Aber es gab natürlich Kontakte zwischen den Schülerinnen und Schülern, verstärkt von denen der Oberstufe. Ausdruck für diese Kontakte war auch die seit dem Jahr 1962 gemeinsam herausgegebene Schülerzeitung „Die Mittlere Brücke“.  Erst als Alfred Werthmann zum Oberstudiendirektor am Mädchengymnasium ernannt wurde (1973) , konnte die differenzierte Oberstufe in enger Kooperation zwischen den beiden Schulen eingeführt werden. Zunächst waren Lehrer, Schülerinnen und Schüler zum Pendeln gezwungen, was auch Kritik hervorrief.

 

Abb. 23

Alfred Werthmann, 1956 – 1992

 

... kannte fast jeden Schüler mit Namen und war über viele persönliche Dinge informiert. Seine Maxime war, „präzise Arbeit zu leisten“, alles zu tun, „damit nichts anbrennt“, oder „damit es wasserdicht ist.“

 

Als im Jahre 1975 Dr. Rühling, in den Ruhestand trat, wurde seine Stelle bewusst nicht wieder besetzt, bis im Jahre 1977 die organisatorische Zusammenlegung  der Schulen verfügt war. Schon im Frühjahr des Jahres 1975  begannen die Ausschachtungsarbeiten für das neue Schulzentrum, den Erweiterungsbau des Gymnasiums. Am 26.11.1976 wurde Richtfest gefeiert. Im Jahr 1977 übernahm der Oberstudiendirektor des Mädchengymnasiums, Alfred Werthmann, die Schulleitung des Jungengymnasiums und war somit auch Herr über den sieben Millionen Mark teuren Anbau. Dieser Neubau war soweit fertig, dass alle Klassen des Jungengymnasiums dort einziehen konnten. Dann dauerte es noch ungefähr ein Jahr, bis der Altbau, in dem vor allem die naturwissenschaftlichen Räume Platz finden sollten, nunmehr renoviert und erweitert,  wieder bezogen werden konnte. Das war auch der Zeitpunkt, an dem die Klassen des Mädchengymnasiums von der Fritz-Thomée-Straße zur Bismarckstraße umsiedeln konnten. An einem einzigen Tag, im Herbst 1978 wurde dieser Umzug unter Mithilfe aller Schüler und Lehrer geschafft. Beide Gymnasien waren nunmehr zu einem einzigen vereinigt, und dieses sollte den Namen „Burggymnasium Altena“ tragen. Die Vereinigung der beiden Gymnasien konstruktiv und bei Wahrung der Interessen aller beteiligten Gremien auch harmonisch voranzutreiben, oblag und gelang Alfred Werthmann. In seinem Pflichtbewusstsein gegen sich selbst hart, im Vorgehen konziliant aber konsequent, gelang dem Schulleiter Werthmann, die Wünsche von Schülerschaft, Lehrkörper, Schulträger, Rat und Verwaltung zu harmonisieren. Arno Hohage schrieb zur Verabschiedung von Oberstudiendirektor Alfred Wertmann: „...Bei einem solchen Engagement ist es nicht verwunderlich, dass sich die Zusammenlegung der Altenaer Gymnasien ohne Querelen vollzog, obgleich im Vorfeld wohl Animositäten hochkamen. Die Stadt Altena wird ihm wegen seiner Amtsführung zu Dank verpflichtet sein...“ (8).

Schlussbemerkungen:

Der Verfasser hat aus der langen und wechselvollen Geschichte von Altenas` höherer Schule Stationen markiert und ausgewählte Begebenheiten  beschrieben. Eine Auswahl der Begebenheiten war nötig, weil fast 380 Jahre Schulgeschichte sich in einem Aufsatz vorliegenden Umfanges nur fragmentarisch darstellen lassen. So blieben u.a. die Gründung und die Entwicklung des Lyzeums genauso unerwähnt wie der ehemals evangelisch stiftische Charakter des Jungengymnasiums. Aber über Altenas höheres Schulwesen ist in der Vergangenheit schon viel geschrieben worden. Alles lässt sich nachlesen. So gesehen präsentiert der vorliegende Aufsatz auch keine echten Neuigkeiten. Er ist vielmehr der Versuch, die Geschichte der höheren Schule Altenas bei Setzung ausgewählter Schwerpunkte zusammenzufassen. Dabei haben die im Quellenverzeichnis genannten Aufsätze und Untersuchungen zum Thema sehr geholfen. Eine ganze Reihe von Quellen stammt sogar aus der Feder meiner eigenen ehemaligen Lehrer Walter Böcker, Dr. Konrad Dröse, Arno Hohage, Reinhard Hunger, Herward Krasemann, Dr. Alfred Meyer, Heinz Retzlaff, Dr. Rudolf Rühling, Karl Otto Stoffer und Alfred Werthmann. Ihnen allen sei an dieser Stelle besonders gedankt. Ganz besonderen Dank möchte ich auch Frau Monika Biroth vom Stadtarchiv und Frau Karin Müller von der Landeskundlichen Bibliothek aussprechen. Die Federzeichnungen wurden nach alten Photos von Brigitta Müller erstellt. Sie hat mir damit einen persönlichen Wunsch erfüllt. Vielleicht hat die gemeinsame Anstrengung dazu beigetragen, dass Ehemalige, Eltern und heutige Schüler angesichts  der Entwicklung ihrer Schule im Wandel der Zeiten zum Nachdenken angeregt werden.  Ich wünsche „meinem“ Gymnasium für die Zukunft alles Gute, insbesondere allzeit genügend Schüleranmeldungen. Den Lehrern  des BGA wünsche ich viel von der Kraft, die sich bei hoher Motivation und Freude am Beruf entfaltet und dem Förderverein am BGA wünsche ich von Herzen die nötige Unterstützung.

Aus der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Gymnasiums: Günter Mähl; Altenas höhere Schule - Stationen und Begebenheiten. 2003, 25-28.

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